BZ Plus Interview mit Jürgen Kaufmann, Vorsitzender AWO Ortsverein Denzlingen. Quelle: BZ Online vom 18.05.2022
Corona war für die AWO eine Katastrophe, sagt der neue Vorstand Jürgen Kaufmann. Er will den Denzlinger Ortsverein ökologischer und attraktiver machen, beklagt aber gesellschaftliche Probleme.
BZ: Herr Kaufmann, Sie sind seit 2006 im Vorstand der AWO Denzlingen aktiv. Warum übernehmen Sie nun den Vorsitz?
Kaufmann: Ich habe schon Vorstandswechsel, Höhen und Tiefen miterlebt und begleite seit Jahren die Entwicklung des Vereins. Nach dem Abschied von Joachim Himpele und Detlef Behnke war es für mich jetzt an der Zeit, die Geschicke weiterzuleiten. Andernfalls hätten wir den Posten des Vorsitzenden nicht besetzen können. Ich bin kein Sozialarbeiter, ich bin kein Lehrer, ich bin Ingenieur und feile gern an guten Lösungen anstatt zu problematisieren. Mal sehen, ob mir das auch die nächsten Jahre in der AWO gelingt.
BZ: Wie geht es dem Verein nach zwei Jahren Corona?
Kaufmann: 2020 sind wir mit einem blauen Auge davon gekommen, 2021 war katastrophal. In der Mensa sind unsere Geschäfte so mies gelaufen, dass wir 14 000 Euro aus dem Vereinsvermögen zuschießen mussten. Die Gemeinde hat uns sehr geholfen und zum Beispiel das Kurzarbeitergeld für alle hauptamtlichen Mitarbeiter auf 95 Prozent aufgestockt. So konnten wir einiges kompensieren. Doch unsere Mieten für Kassensysteme oder Getränkeautomaten liefen weiter, ohne das viel Geld in die Kassen gespült wurde. Teilweise hatten wir die Mensa geöffnet, weil wir bei einigen Familien den Bedarf gesehen haben. Aber es war ein Zuschussgeschäft. 2019 hatten wir in Spitzenzeiten bis zu 200 Essen ausgegeben, zuletzt waren es nur um die 50.
BZ: Was wollen Sie bei der Arbeiterwohlfahrt neu anstoßen?
Kaufmann: Ich möchte mein Augenmerk darauf richten, die AWO klimafreundlicher auszurichten. Mittlerweile beziehen wir unser Essen für Hort und Mensa von nur noch einem Caterer. Dadurch fällt jeden Tag eine Autofahrt nach Denzlingen weg. Der Caterer setzt nach eigenen Angaben auf biologische und auf regionale Produkte. Künftig wollen wir auch bei Snacks, die wir anbieten, auf regionale Anbieter umsteigen – zum Beispiel beim Eisverkauf. Im vergangenen Jahr haben wir ein E-Lastenrad geordert, um das Essen vom Hort ins Schulhaus in der Hauptstraße zu transportieren. Bislang fahren wir die Strecke mit einem unserer Autos. Das Lastenrad bringt noch einen zweiten Vorteil mit: Junge Menschen, die einen freiwilligen Dienst leisten und keinen Führerschein besitzen, können künftig die Tour übernehmen.
BZ: Einiges von dem wurde – wie Sie sagen – bereits angestoßen. Was wollen Sie darüber hinaus noch ändern?
Kaufmann: Als die AWO 1919 gegründet wurde, lautete ihr Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“. Das wird heute so nicht mehr gelebt. Die Menschen sehen sie eher als Hilfe zur Hilfe. Es hat sich in unserer Gesellschaft eine Gib-mir-Mentalität etabliert. Dort will ich anknüpfen und die Menschen in die Lage versetzen, sich selbst zu helfen. Noch immer leisten viele Menschen in der Gemeinde oder im Verein enorm viel, aber schaut man genauer hin, sind es immer die Gleichen. Das ist ein Problem. Auch bei der AWO. Wir könnten laut Satzung vier Stellvertreter- und acht Beisitzerposten im Vorstand besetzen. Am Ende haben wir eine Stellvertreterin, eine Schriftführerin und vier Beisitzer. Zu mehr hat es nicht gereicht. Daher müssen wir uns überlegen, wie wir in der Bevölkerung besser wahrgenommen werden, wie wir attraktiver werden.
BZ: Macht Ihnen die Mitgliederstruktur Sorgen?
Kaufmann: Ja, ich hoffe, wir können unseren Altersschnitt senken. Viele unserer ehrenamtlichen Unterstützer in der Mensa sind die selben wie vor zehn Jahren. Einige von ihnen gehen auf die 80 zu. Doch ohne sie und nur mit dem bezahlten Personal können wir die Mensa nicht weiterführen. Daher müssen wir neue Leute gewinnen. Wir müssen uns zudem fragen, welche Bereiche wir professionalisieren können. Auch die Entscheidungsfindungen im Vorstand müssen kürzer werden. Wir können nicht immer sechs Wochen warten, bis in der nächsten Vorstandssitzung ein Vorhaben abgenickt wird. Wir müssen die modernen Kommunikationsmittel noch besser nutzen.
BZ: Wie kann die AWO attraktiver werden?
Kaufmann: Die Frage stellen wir uns auch, ich kann sie nicht beantworten. Vielleicht müssen wir einen AWO-Pavillon zu Marktzeiten auf dem Kohlerhof errichten, die Menschen mehr über unsere Angebote informieren. Vielleicht besuchen wir die Spielplätze im Ort, um die Eltern gezielt anzusprechen und als neue Mitglieder zu gewinnen.
BZ: Junge Familien werden Ihnen entgegnen, dass sie mit Beruf und Kindern ausgelastet sind. Auch dürfte die AWO über Hort und Mensa den Eltern bekannt sein.
Kaufmann: Da bin ich mir nicht so sicher. Wir sind nicht sichtbar genug. Am Hort, der schon 32 Jahre besteht, hängt kein großes AWO-Logo. Das hat uns die Gemeinde beim Bezug des neuen Hortes verwehrt. Überhaupt denke ich, dass es an der Zeit ist, alles, was mit der Gemeinde vereinbart wurde, auf den Prüfstand zu stellen, ob es noch den Anforderungen der Kinder und Eltern gerecht wird. Gerne würden wir das Raumangebot von Mensa und Hort zukünftig für weitere Veranstaltungen, wie zum Beispiel für ein Eltern-Café, nutzen. Ich bin gespannt, ob wir das realisiert bekommen, da wir wohl auf die Zustimmung von mehreren Akteuren stoßen müssen.
BZ: Welche Herausforderungen sehen Sie außerdem?
Kaufmann: Ein großes Thema, das wir gemeinsam mit der Gemeinde bis 2026 stemmen müssen, ist die Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Aber die Gemeinde weiß noch nicht, wie sie die umsetzen will, es fehlen auch die verbindlichen Vorgaben vom Land. Ich hoffe, mit unserem Hort-Modell können wir punkten und alle Mitarbeiter sowie unsere Expertise vollständig mit einbringen.
Neue Motive in der Riegeler Straßengalerie
Als nach dem anfänglichen Lockdown 2020 deutlich wurde, dass sich an der Situation sobald nichts wesentlich ändern würde und es für Künstler und Künstlerinnen schwer bis unmöglich werden würde, ihre Arbeiten in der bis dahin gewohnten Weise zu präsentieren und vielleicht für das ein oder andere Stück ein ‚Neues Zuhause‘ zu finden, war für viele der Schrecken groß.
Auch im Kreise der Riegeler Künstler diskutierte man Alternativen. Eine zündende Idee kam Dieter Rottler, einem der in Riegel lebenden Künstler, in den Sinn:
“Wir gestalten eine Straßengalerie. Wenn die Menschen nicht zur Kunst und den Künstlern kommen können, dann muss die Kunst zu den Menschen kommen.”
Die Idee einer Straßengalerie war geboren und wurde weiter ausgearbeitet. Am 24. Juni 2021 konnte die ‚erste Runde‘ eröffnet werden. Fortan war es den ortsansässigen Künstlern und Künstlerinnen möglich, ihre Arbeiten wenigstens wieder ohne Einschränkungen zeigen zu können. Einheimische und Besucher konnten ‚kontaktlos‘ die im ganzen Ort verteilten Werke Werke anschauen und genießen.
Inzwischen geht das Projekt der Riegeler Straßengalerie in die zweite Runde. Weitere Hausbesitzer und Einrichtungen haben sich unter den angebotenen Arbeiten ‚ihr Motiv‘ ausgesucht und werden sich in diesen Tagen darauf freuen dürfen, dass es an ihrer Hauswand montiert wird.
Unter den neuen Besitzern eines auf Alu-Dibond Platten gedruckten Kunstwerkes befindet sich auch die ‚AWO Seniorenwohnanlage Haus Wehrle‘ in Riegel.
Die Hausleiterin Frau Claudia Kolz und ihre Mitarbeiterin Frau Lia Sahl sind schon ganz gespannt auf ‚ihr Bild‘ und danken den Initiatoren der Straßengalerie ganz herzlich dafür.
Ihre Wahl fiel auf eines der Motive des Riegeler Künstlers Norman Hothum. Auf einer Sommerwiese am Rande eines Bächleins hat es sich eine junge Frau mit ihrer Katze gemütlich gemacht und beobachtet die Natur.
“Das ist meine zeitreisende Assistentin aus dem 15. Jahrhundert,” scherzt Norman, dessen Arbeiten oft von mittelalterlichen Buch- oder Tafelmalereien inspiriert sind. Vor längerer Zeit schon hat der Künstler den Charakter als eine Art Logofigur entworfen.
“Zunächst war die Figur – die keine reale Person zum Vorbild hat – nur auf meiner Webseite zu sehen, wo sie als fiktive, mittelalterliche Buchmalerin ein bisschen über die Buchillustration im Allgemeinen und über meine Arbeiten im Besonderen plaudert .”
Inzwischen hat Alisande , wie Figur heißt, viele ‚Freunde‘ gefunden und ein gewisses Eigenleben entwickelt. Man begegnet ihr und ihrem Kater auf Norman Hothums Webseite www.medievalstyleart.weebly.com, auf ihrer eigenen Webseite www.alisande-ysabella-peyntour.weebly.com, auf facebook, auf @alisandethepeyntress (Instagram) und als Erzählerin in einer Serie von Ausmalbüchern die Norman Hothum gestaltet und herausgibt.
Norman Hothum
Atelier f. Buchillustration & Kalligraphie
0049.7642.68 79 471
Presseartikel BZ Online vom 25.03.2022 / Sebastian Heilemann
Großes Engagement für Hort und Schulmensa in Denzlingen
Jochen Himpele und Detlef Behnke haben über Jahrzehnte die Geschicke der AWO Denzlingen geleitet – nun geben sie ihre Ämter ab. Ihre Nachfolger erhalten hauptamtliche Unterstützung.
Über die vergangenen Jahrzehnte sind die Aufgaben des Denzlinger Ortsverbands der Arbeiter-Wohlfahrt stetig angewachsen. Heute betreuen Haupt- und Ehrenamtliche 120 Schüler im Hort und organisieren für bis zu 160 Schüler das Essen in der Mensa. Nun steht im Vorstand des Ortsverbands ein Generationenwechsel an. Die langjährigen Vorstände Jochen Himpele und Detlef Behnke, die die AWO über Jahrzehnte geprägt haben, geben am Freitag ihre Ämter ab – mit ruhigem Gewissen, wie sie sagen. Die Nachfolge sei geregelt. Nur mit dem Ehrenamt allein, geht es nicht mehr.
Nach der Jahreshauptversammlung der AWO Denzlingen am Freitag wird es voraussichtlich einen neuen Vorstand geben – weiterhin ehrenamtlich. Doch es gibt Unterstützung. Zukünftig wird ein hauptamtlich Angestellter mit acht Stunden pro Woche die Arbeit des Vorstands unterstützen, finanziert durch die Gemeinde Denzlingen. Denn: Die Arbeit von Detlef Behnke und Jochen Himpele mit der Entwicklung und dem Betrieb von Mensa und Hort war in den vergangenen Jahren enorm. „Wir sind ein mittelständischer Betrieb mit 800 000 Euro Jahresumsatz, wenn man so will“, sagt Detlef Behnke, der derzeitige Vorsitzende. Dazu zählt etwa die Personalverantwortung für 23 Hauptamtliche Erzieher im Hort. „Wir können jetzt guten Gewissens Tschüss sagen, weil wir dafür gesorgt haben, dass es weitergeht“, so Behnke. „Wir sind stolz darauf, dass die AWO in einem so sicheren Hafen ist.“
Sein Amt als AWO-Vorsitzender hatte Behnke von Jochen Himpele übernommen, der aktuell sein Stellvertreter ist. Er führte die Geschicke des Verbands zwischen 1986 und 1991 und von 2002 bis 2014. Eine lange Zeit, in der Himpele maßgeblich zur Entwicklung des Horts und schließlich der Schulmensa beigetragen hat. Ein Engagement, für das Himpele die Staufermedaille erhielt, und den Bürgerpreis der Gemeinde. Bürgermeister Markus Hollemann bezeichnete ihn schon als „Mr. AWO“. Zum 100-jährigen Jubiläum der AWO veröffentlichte der Ortsverband eine Broschüre mit dem Titel: „Jochen Himpele – das Gesicht der Denzlinger AWO.“ Als Himpele 1986 erstmals den Vorsitz übernimmt, initiiert er zunächst eine Hausaufgabenbetreuung bei der Grundschule. Zunächst kommen vier bis fünf Kinder, doch die Zahl steigt. „Das wuchs und wuchs und wuchs“, sagt Himpele heute.
Doch die Herausforderungen für den Ortsverein wurden nicht geringer – insbesondere in den vergangenen zwei Pandemie-Jahren. „Einige unserer älteren Ehrenamtlichen haben gesagt, ihnen sei die Arbeit in der Mensa zu gewagt“, erklärt Himpele. „Und dann kam der nächste Schlag: Mit Schuljahresbeginn hatten wir nur noch zwischen dreißig und fünfzig Schülern.“ Wechselunterricht, Quarantäne und kein Nachmittagsunterricht. Zu wenige Schüler, um kostendeckend zu arbeiten. „Wir hatten auch schon Diskussionen, ob wir die Mensa schließen müssen“, sagt Himpele. „Aber die Mensa bleibt offen.“ Damit, dass Himpele und Behnke künftig keine leitende Funktion in der Arbeiter-Wohlverband einnehmen, geht eine Ära zu Ende. „Wir sind beide mit Herzblut AWO-Menschen“, sagt Behnke. Doch nun könnten beide mit ruhigem Gewissen gehen.
Pressebericht BZ-Online vom 23.03.2022 / Gerhard Walser
Wie die Liga der Freien Wohlfahrtspflege im Kreis Emmendingen die Herausforderungen meistert
Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege wird 70 Jahre alt. Mit Denis Deiser (Arbeiterwohlfahrt) hat die Liga einen neuen Vorsitzenden. Er folgt auf Meinhard Scha motzki (Diakonisches Werk).
Zum Feiern ist keine Zeit und doch zeigt das 70. Jahr des Bestehens der Liga der Freien Wohlfahrtspflege mit seinen aktuellen Herausforderungen anschaulich, weshalb sich der Zusammenschluss der Sozialverbände im Landkreis zurecht weiterentwickelt hat – vom lockeren Treffen der Geschäftsführer zum lebendigen Forum für den gegenseitigen Austausch in allen sozialen Fragen. „Wir stolpern von einer Krise in die nächste“, sagt Denis Deiser, der neue Liga-Vorsitzende.
Deiser ist Geschäftsführer der Kreisverbände Breisgau-Hochschwarzwald und Emmendingen der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Der 45-Jährige löst Meinhard Schamotzki (64) ab, der die Liga seit Herbst 2019 bereits zum zweiten Mal geführt hatte. Der Wechsel steht alle zwei bis drei Jahre zwischen den Mitgliedsverbänden routinegemäß an. Neben AWO und Diakonie sind dies die Caritas, das Deutsche Rote Kreuz, der Paritätische Wohlfahrtsverband und die Jüdische Gemeinde. Seit vielen Jahren schon ist die Liga der Freien Wohlfahrtspflege auch Partner für die Einzelfallhilfe der BZ-Weihnachtsaktion.
Mit dem Krieg in der Ukraine rückt nach der noch nicht überwundenen Corona-Pandemie schon die nächste Krise ins Blickfeld. Zum Durchatmen gebe es keine Zeit: „Wir stolpern von einer Krise in die nächste“, sagt Deiser „und der normale Dienst läuft weiter“, ergänzt Schamotzki. Die Integration der Geflüchteten wird zur nächsten Herausforderung. Nach der kurzfristigen Unterbringung, wofür es im Kreis eine „unglaubliche Hilfsbereitschaft“ gebe, geht es um die längerfristige Wohnraumsuche, um schulische Bildung und berufliche Qualifizierung für Kinder und Jugendliche. „Es lässt sich derzeit noch kaum erahnen, was da auf uns zukommt“, so Schamotzki.
Die Themen bleiben auch für Denis Deiser dieselben. Der neue Liga-Vorsitzende hat jedoch ein „Herzensanliegen“, das er als besonderen Schwerpunkt verfolgen will: die Seniorenarbeit. Auch hier geht es um geeigneten Wohnraum. Es fehlen jede Menge Plätze für betreutes Wohnen im Landkreis. Wartezeiten von drei Jahren seien fast schon die Regel. Sein Traumziel sind generationenübergreifende und quartiersbezogene Wohnmodelle, für die sich auch ein Bauträger findet.
Liebe Freundinnen und Freunde der AWO,
an dieser Stelle dürfen wir Ihnen den Geschäftsbericht der Jahre 2018 – 2020 vorstellen.
Viel Freude bei der Lektüre.